Vom Verschwinden
Knapp 20 Jahre dauerte die Reise der Raumsonde Cassini. Fast 13 Jahre davon war sie auf Entdeckungstour bei Saturn unterwegs und erforschte den Planeten, seine Ringe und seine Monde. Als erste Raumsonde flog sie zwischen Saturn und seinen Ringen hindurch. Weil ihr nach all den Jahren die Kraft ausging, wurde sie am 15. September 2017 kontrolliert in den Gasplaneten gestürzt; sie brach auseinander und verglühte. Am 8. März 2014 verschwand eine Boeing 777 mit 239 Menschen an Bord – spurlos.
Aber nicht nur Flugzeuge, Raumsonden, Menschen, Kunstwerke, Inseln und Tiere verschwinden, auch Wörter, denn alles hat seine Lebensdauer. Wörter werden nicht mehr gesprochen oder geschrieben – und letztlich auch in den Wörterbüchern nicht mehr aufgeführt; sie verschwinden – oder, um ein Wort zu gebrauchen, das man kaum mehr kennt: Sie eskamotieren (fallen der Verschollenheit anheim).
Eines meiner Lieblingswörter ist
Honigseim
Der Duden hat es im Jahr 2000 aus seinem Wörterbuch entfernt. Es bedeutet ungeläuterter Honig, wie er aus den Waben fliesst. Bei «Honigseim» sehe ich förmlich das langsame, zähe Fliessen des Honigs aus den Waben. Eine Redewendung lautet: «Seine Worte waren süss wie Honigseim.», was als schmeichlerisch gilt.
Vor Kurzem ist im Duden-Verlag das Buch «Was nicht mehr im Duden steht» erschienen. In 20 Essays stehen Wörter im Mittelpunkt, die einmal wichtig waren und die uns sozial-, kultur- und sprachgeschichtliche Einblicke in die letzten gut 100 Jahre gewähren.